05.08.25
Ärztliche Vorsorge
05.08.25
Ärztliche Vorsorge
Braucht jedes Unternehmen in Deutschland einen Betriebsarzt?
Ob ein Unternehmen in Deutschland einen Betriebsarzt bestellen muss, hängt nicht von seiner Größe allein ab, sondern von den Tätigkeiten und den Gefährdungen im Betrieb.
Gesetzliche Grundlage
Die Pflicht zur Bestellung eines Betriebsarztes ergibt sich aus dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und der DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.
•§ 19 DGUV Vorschrift 1 verpflichtet Unternehmer, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit schriftlich zu bestellen, um den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung zu gewährleisten.
•Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) konkretisiert, dass der Arbeitgeber auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung arbeitsmedizinische Vorsorge sicherstellen und dafür einen Arzt – in der Regel den Betriebsarzt – beauftragen muss.
Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung
Nicht jedes Unternehmen braucht zwingend Vollzeit-Betreuung durch einen Betriebsarzt. Entscheidend ist, welche Gefährdungen bei der Arbeit bestehen:
•Pflichtvorsorge: z. B. bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, Lärm, biologischen Arbeitsstoffen oder bei bestimmten Fahr-, Steuer- oder Überwachungstätigkeiten.
•Angebotsvorsorge: z. B. Bildschirmarbeit, regelmäßige Nachtarbeit.
•Wunschvorsorge: Auf Wunsch des Beschäftigten, wenn ein gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann.
Selbst Kleinbetriebe mit nur wenigen Angestellten müssen, wenn besondere Gefährdungen vorliegen, einen Betriebsarzt hinzuziehen. Auch bei Büroarbeitsplätzen ist mindestens eine anlassbezogene Betreuung vorgeschrieben.
Umfang der Betreuung
Der Umfang der betriebsärztlichen Betreuung richtet sich nach dem Gefährdungspotenzial und kann von einer regelmäßigen Vor-Ort-Präsenz bis zu punktueller Beratung reichen. In manchen Branchen (z. B. Bau, Chemie, Metall) ist der Einsatz deutlich intensiver als im reinen Verwaltungsbereich.
Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge, Wunschvorsorge – was ist der Unterschied?
Praxisbeispiel: Malerbetrieb „Farbfit GmbH“
Die Farbfit GmbH beschäftigt acht Maler und Lackierer.
Im Arbeitsalltag gibt es Tätigkeiten mit Gefahrstoffen (z. B. Lösemitteln), Arbeiten auf Gerüsten, aber auch Büroarbeitsplätze für die Verwaltung.
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1. Pflichtvorsorge – muss vor Aufnahme bestimmter Tätigkeiten erfolgen
Die ArbMedVV schreibt vor, dass bei bestimmten besonders gefährdenden Arbeiten eine Pflichtvorsorge zwingend durchzuführen ist – vor Arbeitsbeginn und dann in regelmäßigen Abständen.
Beispiel im Malerbetrieb:
•Arbeiten mit bestimmten lösemittelhaltigen Farben und Lacken (Gefahrstoffverordnung)
•Arbeiten in großer Höhe (Absturzgefahr)
👉 Ohne Teilnahme an der Pflichtvorsorge darf der Mitarbeiter diese Tätigkeit nicht ausüben.
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2. Angebotsvorsorge – muss regelmäßig angeboten werden
Hier muss der Arbeitgeber die Vorsorge anbieten, der Beschäftigte kann aber frei entscheiden, ob er sie wahrnimmt.
Beispiel im Malerbetrieb:
•Regelmäßige Tätigkeiten mit hautbelastenden Stoffen (Hauterkrankungsgefahr)
•Bildschirmarbeit im Büro (zur Vorbeugung von Augen- und Haltungsschäden)
👉 Das Angebot muss dokumentiert werden, auch wenn der Mitarbeiter ablehnt.
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3. Wunschvorsorge – auf Verlangen des Beschäftigten ermöglichen
Beschäftigte können eine Vorsorge verlangen, wenn bei ihrer Arbeit Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden können – selbst wenn weder Pflicht- noch Angebotsvorsorge vorgeschrieben ist.
Beispiel im Malerbetrieb:
•Ein Maler verspürt Atembeschwerden bei bestimmten Arbeiten, obwohl diese nicht in der Pflicht- oder Angebotsvorsorge gelistet sind.
👉 Der Arbeitgeber muss die Wunschvorsorge ermöglichen, sofern ein Bezug zur Tätigkeit besteht.
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Muss ich als Unternehmen alle drei Vorsorgearten anbieten?
Ja – aber nicht für jede Tätigkeit.
•Pflichtvorsorge: Immer, wenn die ArbMedVV sie vorschreibt.
•Angebotsvorsorge: Immer, wenn die ArbMedVV sie vorsieht – unabhängig davon, ob Beschäftigte sie nutzen.
•Wunschvorsorge: Immer, wenn Beschäftigte sie verlangen und ein arbeitsbedingtes Risiko nicht ausgeschlossen werden kann.
Entscheidend ist die Gefährdungsbeurteilung: Sie zeigt, welche Vorsorgearten im Betrieb erforderlich sind.
Welche arbeitsmedizinischen Untersuchungen muss ich anbieten – und warum es die „G-Untersuchungen“ nicht mehr gibt
Viele Arbeitgeber sind unsicher, welche arbeitsmedizinischen Vorsorgen sie ihren Beschäftigten anbieten müssen. Früher war die Antwort oft einfach: Man schaute in den Katalog der „G-Untersuchungen“. Doch diese gibt es seit Dezember 2013 in dieser Form nicht mehr.
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Woher weiß ich, welche Vorsorge ich anbieten muss?
Die Pflicht ergibt sich heute aus der Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz und der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).
Konkret heißt das:
1.Gefährdungen ermitteln – z. B. Gefahrstoffe, Lärm, Nachtarbeit, Bildschirmarbeit.
2.Abgleich mit dem Anhang der ArbMedVV – dort sind die Vorsorgeanlässe aufgelistet.
3.Vorsorgeform bestimmen – Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge oder Wunschvorsorge.
Zusätzlich helfen die „DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorge“. Sie enthalten medizinische Fachinformationen zu den einzelnen Vorsorgeanlässen.
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Warum es die „G-Untersuchungen“ nicht mehr gibt
Beispiel:
Früher (G-Untersuchung)
G20 Lärm – Gehöruntersuchung.
Heute (Vorsorgeanlass nach ArbMedVV)
Pflichtvorsorge bei Tätigkeiten mit Lärmbelastung über Auslösewerten der LärmVibrationsArbSchV
Fazit
Heute gibt es keine festen G-Nummern mehr, sondern eine an der tatsächlichen Gefährdung orientierte Vorsorgepflicht.
Für Arbeitgeber bedeutet das: Nicht mehr im „G-Katalog“ nachschlagen, sondern die Gefährdungsbeurteilung sorgfältig durchführen, den ArbMedVV-Anhang prüfen und so die passenden Vorsorgen ermitteln.
Das ist individueller – aber auch rechtssicherer.
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Hannover/Hildesheim
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